Die Schenkungsurkunde vom 1. November 996

So sieht die vollständige Urkunde von Kaiser Otto III. aus. Das Wort „Ostarrichi“ steht in der zweiten Zeile fast ganz rechts.

© Bayerisches Hauptstaatsarchiv

Die sogenannte Schenkungsurkunde ist ein in Bruchsal (D) verfasstes Dokument vom 1. November 996. Darin wurde festgehalten, dass Kaiser Otto III. dem Bischof von Freising, Gottschalk von Hagenau, ein begrenztes Gebiet „in der volkssprachlich Ostarrichi genannten Region“ (auf Latein: „regione vulgari vocabulo Ostarrichi“) schenkt. Gemeint war die Region um Neuhofen an der Ybbs („in loco Niuuanhova dicto“).

Dieser Bischof hat aber nicht einfach irgendein Gebiet geschenkt bekommen, sondern eines, dass neben dem Ort Neuhofen an der Ybbs auch genau 30 Königshufen umfasst mit allem was dazugehört (in der Urkunde steht: „in dem Ort, der Niuuanhova genannt wird, das heißt mit eben diesem Hofe und dreißig in seiner unmittelbaren Umgebung liegende Königshufen mit bebautem und unbebautem Land, mit Wiesen, Weiden, Wäldern, Gebäuden, mit Quellen und Wasserläufen, mit Jagden, Bienenweiden, Fischwässern, Mühlen, mit beweglichem und unbeweglichem Gut, mit Wegen und unwegsamen Land, mit Ausgängen und Eingängen, mit erzielten und noch zu erzielenden Erträgen und mit allem, was nach Recht und Gesetz zu diesen Hufen gehört“)

Die Urkunde wurde auf Latein verfasst, es finden sich darin jedoch vier nicht-lateinische Wörter (nämlich „Ostarrichi“, „Niuuanhova“, „hoba“, „zidalweidun“), die altbairisch bzw. althochdeutsch sind. Heutzutage wird die Urkunde im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München aufbewahrt.

Die Schenkungsurkunde wurde geschrieben, um diese Schenkung an die Kirche in Freising zu dokumentieren und zu beweisen. Für die damalige Zeit war es eine eher unwichtige Urkunde – zumindest für den Kaiser – für uns heute ist dieses Dokument jedoch sehr wichtig. Es ist deshalb so wichtig, weil hier zum allerersten Mal der Name „Ostarrichi“ (aus dem später das Wort Österreich entstand) auftaucht und somit ein Beweis dafür ist, dass es diesen Namen und das dazugehörende Gebiet bereits lange gibt und über weite Teile des Frankenreiches bzw. des späteren Heiligen Römischen Reiches bekannt ist.

Der Name „Ostarrichi“ (hier vergrößert) in der damals üblichen Schrift, der sogenannten „Karolingischen Minuskel“.

© Presseamt der Niederösterreichischen Landesregierung

Originaltext der Schenkungsurkunde (Latein):

In nomine sanctae et individuae trinitatis. Otto divina preordinante clementia imperator augustus. Noverint omnium industriae fidelium nostrorum tam praesentium quam et futororum, qualiter nos dignis petitionibus dilectissimi nepotis nostri Baioariorum ducis Heinrici annuentes quasdam nostri iuris res in regione vulgari vocabulo Ostarrichi in marcha et in comitatu Heinrici comitis filii Liutpaldi marchionis in loco Niuuanhova dicto, id est cum eadem curte et in proximo confinio adiacentes triginta regales hobas cum terris cultis et incultis pratis pascuis silvis aedificiis aquis aquarumve decursibus venationibus zidalweidun piscationibus molendinis mobilibus et immobilibus viis en inviis exitibus et reditibus quesitis et inquirendis omnibusque iure legaliterque ad easdem hobas pertinentibus super gremium Frigisingensis aecclesiae ad servicium sanctae Mariae sanctique Christi confessoris atque pontificis Corbiniani cui nunc fidelis noster Kotascalhus venerabilis presidet episcopus, in proprium atque perpetuum usum concessimus firmiterque tradidimus nostra imperiali potentia, eo modo eoque tenore ut eadem praefata Frigisingensis aecclesia idemque praelibatus antistes Kotascalhus atque omnes sui successores libero deinceps perfruantur arbitrio haec omnia tenendi commutandi et quidquid voluerint inde faciendi. Et ut nostrae largitionis auctoritas firmior stabiliorque cunctis sanctae dei aecclesiae filiis perpetim credatur, hanc cartam inscribi iussimus anuloque nostro signatam manu propria subtus eam firmavimus.
Signum domni Ottonis invictissimi imperatoris augusti. Hildibaldus episcopus et cancellarius vice Uuilligisi archiepiscopi recognovi.
Data kal. nov. anno dominicae incarnationis DCCCCXCVI, indictione X, anno autem tertii Ottonis regnantis XIII, imperii vero I; actum Bruochselle, feliciter.

Zitiert nach: Wikisource

Übersetzung der Schenkungsurkunde:

Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit. Otto, durch göttliche vorausbestimmende Gnade Kaiser (und) Augustus (der Erhabene). Alle unsere eifrigen, Getreuen, die gegenwärtigen und auch die künftigen, mögen wissen, dass wir, die würdigen Bitten unseres geliebtesten Vetters Heinrich, des Herzogs der Baiern, erfüllend, gewisse Besitzungen unseres Rechts in der Gegend, die in der Volkssprache Ostarrichi heißt, in der Mark und Grafschaft des Grafen Heinrich, des Sohnes des Markgrafen Liutpald, in dem Ort, der Niuvanhova genannt wird, das heißt mit eben diesem Hofe und dreißig in seiner unmittelbaren Umgebung liegende Königshufen mit bebautem und unbebautem Land, mit Wiesen, Weiden, Wäldern, Gebäuden, mit Quellen und Wasserläufen, mit Jagden, Bienenweiden, Fischwässern, Mühlen, mit beweglichem und unbeweglichem Gut, mit Wegen und unwegsamem Land, mit Ausgängen und Eingängen, mit erzielten und noch zu erzielenden Erträgen und mit allem, was nach Recht und Gesetz zu diesen Hufen gehört, dem Schöße der Freisinger Kirche, der jetzt unser getreuer Gottschalk, der ehrwürdige Bischof, vorsteht, zum Dienste der heiligen Maria und des heiligen Bekenners Christi und Bischofs Corbinian zu eigenem und ewigem Gebrauch überlassen und durch unsere kaiserliche Macht fest übergeben haben, und zwar so und auf solche Weise, dass die genannte Freisinger Kirche, ihr genannter Vorsteher Gottschalk und alle seine Nachfolger alles dieses in Hinkunft nach freiem Ermessen besitzen, eintauschen oder was immer sie wollen damit tun können. Und damit der Kraft unserer Schenkung von allen Söhnen der heiligen Kirche Gottes stets fester und unerschütterlicher Glaube geschenkt werde, haben wir diese Urkunde zu schreiben befohlen und sie, nach der Besiegelung mit unserem Siegel, unten mit eigener Hand unterschrieben (bekräftigt).
Handmal des Herrn Otto, des unbesiegbarsten Kaisers (und) Augustus (des Erhabenen). (Ich) Hildibald, Bischof und Kanzler, habe anstelle des Erzbischofs Willigis rekognosziert (überprüft).
Gegeben am 1. November im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 996, in der 10. Indiktion, im dreizehnten Regierungsjahr des Königs Otto III. und im ersten seines Kaisertums. Geschehen zu Bruchsal. Mit Glück.

Zitiert nach: Austria-Forum

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